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Fünf Fragen an Gabriel Baunach

In deinem Buch „Hoch die Hände, Klimawende!“ schreibst du, dass es besonders wichtig ist sich für strukturelle Veränderungen einzusetzen, um unser Klima und unsere Umwelt zu schützen. Warum?

Angesichts der eskalierenden Temperatur- und Extremwetterereignisse wird immer mehr Menschen klar: Die gängigen Ökotipps à la Holzzahnbürste, Jutebeutel und Stromsparen reichen nicht mehr aus. Anstatt sich nur mit seinem individuellen CO2-Fußabdruck zu beschäftigen, ist es an der Zeit, wirkungsvollere Hebel anzupacken und seinen Klima-Handabdruck zu vergrößern. Beim Handabdruck geht es darum, Multiplikator*in für klimafreundliches Verhalten zu werden. Das heißt, möglichst vielen Mitmenschen nachhaltigere Wahlentscheidungen zu ermöglichen und zu erleichtern. Am besten gelingt dies, indem man sich zusammentut und als Gruppe gemeinsam Strukturen und Angebote verändert. Auf diese Weise kann man zum Beispiel erreichen, dass mehr vegane Gerichte in der Firmenkantine angeboten werden, in der Nachbarschaft ein Fahrradweg gebaut oder auf den Hallendächern des Sportvereins eine Solaranlage errichtet wird. Durch solch ein kollektives Klimahandeln kann man zehn-, hundert- oder sogar tausendmal mehr Treibhausgas-Emissionen einsparen, als man selbst überhaupt verursacht.

Wir sind gerade mitten in der Vorweihnachtszeit und der Handabdruck-Ansatz betont größere Aktionen, die nicht nur uns selbst betreffen, sondern auch unsere Mitmenschen involvieren. Kannst du uns konkrete Beispiele nennen, wie wir während der Weihnachtszeit unseren Klima-Handabdruck vergrößern und unsere Mitmenschen für klimafreundliche Aktionen inspirieren können?

Die Weihnachtszeit ist ein Fest der Besinnung, Familie und Neuausrichtung auf ein neues Jahr. Deshalb eignet sie sich besonders gut, um beispielsweise mit der eigenen Familie einmal ein konstruktives Klimagespräch zu versuchen: Wie haben die Verwandten die Klimakrise in der Jahresrückschau erlebt? Welche Handabdruck-Hebel und strukturellen Einflussmöglichkeiten haben wir als Familie? Wo können wir gemeinsam mehr bewegen als bloß allein?

Zusätzlich kann man einmal die Wunschlisten in den Blick nehmen und anstatt materieller Produkte inspirierende Klima-Bücher, mutmachende Filme oder Umweltschutz-Spenden verschenken – oder sich diese selbst wünschen.

Und weiters haben viele Menschen zwischen den Jahren einmal Zeit und Ruhe, ihren Job zu reflektieren: Trägt meine tägliche Arbeit wirklich zu einer nachhaltigen Zukunft bei – oder ist sie vielleicht vielmehr Teil des Problems als Teil der Lösung? Wie ambitioniert setzt sich das Unternehmen, bei dem

ich arbeite, für die dringend nötige sozial-ökologische Transformation ein? Und wie könnte entweder ein Jobwechsel oder ein beherzteres, kollektives Engagement im Unternehmen aussehen?

Angesichts des bevorstehenden Jahreswechsels: Welche Art von Klima-Neujahrsvorsätzen können wir fassen, um unseren Handabdruck zu vergrößern und die Klimawende im neuen Jahr zu beschleunigen? Gibt es also konkrete Klima-Vorsätze im Lebensstil oder konkrete Aktionen, die Einzelpersonen und/oder Gemeinschaften umsetzen können?

In meinem Buch sind jede Menge Ansatzpunkte und Handlungsmöglichkeiten beschrieben – da ist bestimmt für jede*n etwas dabei. Drei Beispiele für “gute Klima-Neujahrsvorsätze” sind folgende:

Erstens: zu einer sozial-ökologischen Bank zu wechseln. Das ist innerhalb weniger Stunden getan. Und dann wirkt das eigene Geld für Klimaschutz, statt über Umwege weiterhin in fossile Energie-Projekte investiert zu werden.

Zweitens: drei Kolleg*innen finden, denen das Thema ebenso am Herzen liegt, und die mehr unternehmen möchten als bloß in der Kaffeeküche den Müll zu trennen oder im Büro das Licht auszuschalten. Mit denen kann man eine kleine “Klima-Gruppe” gründen und dann größere Klimaschutz-Projekte im Unternehmen anstoßen.

Und drittens kann man sich vornehmen, einmal Kontakt zu einer lokalen Klimaschutz-Initiative aufzunehmen, die einen anspricht. Dort kann man nicht nur seinen Handabdruck vergrößern, sondern lernt auch Gleichgesinnte und womöglich sogar neue Freund*innen kennen.

Hast du auch noch Empfehlungen für uns, wie wir diese Vorsätze in dauerhafte Gewohnheiten umwandeln können, um nicht dem Neujahrsvorsatz-Phänomen und unseren inneren Schweinehunden auf den Leim zu gehen?

Die entscheidenden Faktoren sind Zeit und Routine. Handabdruck-Vergrößerungen geschehen selten allein und ebenso selten nebenbei. Ich plädiere daher in meinem Buch dafür, sich pro Woche eine “Klimastunde” einzurichten, die fest im Terminkalender verankert ist. Während dieser Stunde kann man sich mit der Klimakrise und seinen Handlungsmöglichkeiten beschäftigen – und nachdem man etwas gefunden hat, aktiv loslegen. Am besten gelingt das in einer Gruppe. Denn das macht mehr Freude als allein und man ist den anderen ein wenig Rechenschaft pflichtig. Das funktioniert ähnlich wie beim Vorsatz, häufiger zu joggen: Man bleibt eher dran, wenn man sich einer Lauf-Gruppe anschließt, als wenn man sich allein im Fitnessstudio anmeldet. Zudem sollte man sich gerade zu Beginn kleine, erreichbare Ziele stecken, Erfolge feiern und Rückschläge antizipieren, nach denen es dann aber gestärkt weitergeht.

(c) Anna Masiukiewicz

Und last but not least: Was ist deine Lieblings-Handabdruck Aktion?

Wichtig ist, dass es nicht den einen super effektiven Handabdruck-Tipp gibt. Handabdruck-Vorschläge sind keine Checkliste zum Abarbeiten wie bei der CO2-Fußabdruck-Reduktion. Vielmehr sind Handabdruck-Möglichkeiten als Buffet zu verstehen, von dem sich jede*r ein paar Aktionen herauspicken kann, die sie oder ihn ansprechen. Bei mir persönlich ist es momentan der friedliche Protest, weil mir das gemeinsame Demonstrieren in einer großen Gruppe Mut und Hoffnung gibt. Und weil wir noch viel mehr Menschen auf den Straßen brauchen, die den Regierungen den Druck machen, den sie brauchen, um sich gegen Interessensgruppen der fossilen Energien und Klimaschutzbremser durchzusetzen, um eine nachhaltige, gesündere, gerechtere, bessere Welt zu kreieren. Sie haben es in der Hand, weil wir es in der Hand haben.

Weiterführende Hinweise:

  • Link zum Buch “Hoch die Hände, Klimawende!”. Link
  • Podcast Climaware von Gabriel Baunach. Link
  • Weitere Infos zum Handabdruck. Link
  • Gemeinsamer Workshop mit Gabriel Baunach und Hallo Klima! am 13.3.2024, 18:30-21:00. Link